Die von der Bundesregierung beschlossene Energiewende führt zu einer umfassenden Transformation des Energieversorgungssystems auf Basis einer kleinteiligen, dezentralen Versorgung mit erneuerbaren Energien. Zur effizienten Bewirtschaftung zukünftiger Energienetze als knappe Ressource, zur Sicherstellung der Systemstabilität und Versorgungssicherheit wie auch zur Realisierung neuer wettbewerbsfähiger Geschäftsmodelle im Energiemarkt müssen auf Netz- wie auf Marktseite innovative, kostengünstige und stabile Lösungen gefunden werden. Im Bereich der IKT stehen heute verschiedene neue, mächtige Technologien zur Verfügung, die einen substanziellen Lösungsbeitrag leisten können.
Der Einsatz dieser Digitalisierungstechnologien benötigt neuartig ausgebildete, interdisziplinäre Kompetenzträger, welche die beiden bisher weitgehend getrennten Branchen der IKT- und Energiewirtschaft vereinen. Da sich der Digitalisierungstrend auf alle Bereiche eines klassischen Energieversorgers auswirkt, bedarf es überall entsprechender Schnittstellenkompetenzen. Als Beispiele seien hier zum einen der Netzbetrieb genannt, in dem mobile Endgeräte umfassend als prozessunterstützendes Werkzeug genutzt werden, zum anderen der Kundenvertrieb, der „multichannel“, also parallel, von Facebook bis zum Faxgerät über alle Medien und Kanäle mit dem Endkunden in Interaktion tritt und dabei streng auf Konsistenz des Angebots in Form von Produkten und Preisen bedacht sein muss.

Auf dem Weg zu intelligenten Energienetzen verändern sich des Weiteren die Waren- und Dienstleistungsflüsse erheblich. Schon heute drängen neue Akteure erfolgreich in die Energiebranche, die sich weniger mit Energie, dafür mehr mit Daten und Informationen befassen. Die klassischen Monopolstellungen werden dadurch aufgebrochen. Aus der altbekannten Wertschöpfungskette wird ein Wertschöpfungsnetzwerk, in dem sich eine Vielzahl von Marktakteuren vernetze, die letztlich ein neues Ökosystem bilden. Zur Abbildung dieser neuen Marktlogik benötigt es Fachkräfte, die bisherige Strukturen kritisch hinterfragen und sowohl die berufsfeldübergreifenden Kompetenzen, als auch den Mut mitbringen, Energiewirtschaft neu zu denken sowie Prozesse datengetrieben zu optimieren.
Um dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken, sollte ein ganzheitlicher Ansatz gefunden werden, der alle Entwicklungsstufen und Karrierepfade umfasst. Vor allem bei den klassischen und IT-fernen Ausbildungsberufen gilt es zu überprüfen, ob die Rahmenlehrpläne an die moderne digitale Umwelt angepasst werden müssen. Hierbei wären die größten Hub-Effekte erzielbar und damit könnten Bedarfe am schnellsten gedeckt werden. Gleichzeitig würde hiermit ihre Attraktivität erhöht und somit dem Akademisierungstrend sowie dem Auszubildendenmangel entgegengewirkt werden.
Auch in den bereits technisch orientierten Berufsausbildungen und Studiengängen sollten die konzeptionellen Schwerpunkte überprüft werden, da die Transformationsfähigkeit im Allgemeinen immer mehr in den Fokus rückt und dabei das rein inhaltliche Lernen überholt. Damit theoretisches Wissen auch praktisch angewandt und erprobt werden kann gilt es, die Kontakte und Kooperationen zwischen Industrie und Instituten sowie das Angebot an dualen Ausbildungs- und Studiengängen weiter auszubauen und zu fördern. Dieses Interesse sollte vor allem auch von den Unternehmen selbst gefördert werden, da sie auf die fertigen Fachkräfte angewiesen sind.
Der Politik in Bund, Ländern und Regionen wird empfohlen, sich aufgeschlossen gegenüber notwendigen Innovationen in Bildung und Qualifizierung zu verhalten und in einen dringend gebotenen, proaktiven Dialog hinsichtlich der zukunftsorientierten Gestaltung intelligenter Bildungsnetze mit Anbietern und Nutzern aus Industrie, Wirtschaft und Handwerk, Wissenschaft, Kammern, Verbänden und den Sozialpartnern zu treten. Der Schaffung rechtlich-regulatorischer Rahmenbedingungen mit Gestaltungsspielraum für Innovationen, aber auch staatlicher Finanzierung von formalen und informellen, zukunftsweisenden Bildungs- und Qualifizierungsaktivitäten in Schulen, Hochschulen und Unternehmen bis hin zu non-formalen Kontexten kommt dabei eine wichtige, vielleicht sogar entscheidende Bedeutung für unsere Zukunft zu.